Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) zählen zu den häufigsten arbeitsbedingten Erkrankungen. Vor kurzem fand auch in Österreich die virtuelle Auftaktveranstaltung der zweijährigen EU-OSHA-Kampagne „Gesunde Arbeitsplätze – entlasten Dich“ statt, deren Ziel die Prävention arbeitsbedingter MSE ist.

Die besondere Relevanz des Kampagnenschwerpunkts untermauern u.a. folgende Zahlen: In ganz Europa leiden Millionen Arbeitnehmer an Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE), in Österreich ist die Betroffenheit ebenfalls hoch: So lassen sich einer Erhebung zufolge rund 20 Prozent aller Krankenstandstage auf eine Erkrankung des Muskel-Skelett-Systems zurückführen. MSE zählen somit auch hierzulande zu den häufigsten arbeitsbedingten Erkrankungen.

 

Was sind MSE?

Als arbeitsbedingte Muskel-Skelett-Erkrankungen werden Beeinträchtigungen und Schädigungen von Muskeln, Gelenken und Sehnen bezeichnet, die hauptsächlich durch Arbeit oder Einwirkungen des unmittelbaren Arbeitsumfelds verursacht oder verschlimmert werden. Besonders häufig sind Rückenschmerzen und Schmerzen in den oberen Gliedmaßen.

Die Ursachen dafür sind mannigfaltig und reichen von schwerer körperlicher Arbeit über zu wenig Bewegung und Zwangshaltungen bis hin zu schlechten ergonomischen Bedingungen am Arbeitsplatz, sei es nun im Büro oder im Homeoffice. Die Europäische Unternehmenserhebung über neue und aufkommende Risiken 2019 gibt genauere Einblicke und zeigt auf, dass wiederholte Hand- oder Armbewegungen der häufigste Risikofaktor in den EU-27 (angegeben von 65 Prozent der Betriebe) sind. Weitere Risiken im Zusammenhang mit Muskel-Skelett-Erkrankungen sind längeres Sitzen (61 Prozent), das Heben oder die Handhabung von Menschen oder schwere Lasten (52 Prozent), Zeitdruck (45 Prozent) sowie eine ermüdende oder schmerzhafte Arbeitshaltung (31 Prozent).

 

Hoher Leidensdruck, hohe Kosten

Die Folgen für die Betroffenen sind jedenfalls enorm: MSE können die Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit eines Menschen stark beeinträchtigen und sind eine der häufigsten Ursachen von Behinderung, krankheitsbedingten Fehlzeiten und vorzeitigem Ruhestand. Darüber hinaus führen MSE dazu, dass Arbeitnehmer weniger produktiv sind und – im Vergleich zu jenen ohne Gesundheitsprobleme – mehr „Präsentismus“ an den Tag legen, also zur Arbeit kommen, obwohl es ihnen nicht gut geht.

Neben der Einschränkung der Lebensqualität Einzelner entstehen der Wirtschaft durch arbeitsbedingte Muskel-Skelett-Erkrankungen hohe Kosten in Höhe von mehreren Millionen Euro jährlich. Diese beziehen sich zum einen auf die direkten Kosten, die u.a. zur Gesundheitsversorgung und für Medikamente verwendet werden, zum anderen auf indirekte Kosten, wie sie zum Beispiel durch Umbesetzungen der Arbeitsteams, Produktivitätsrückgänge, Produktionsverzögerungen, die Ersetzung kranker Arbeitnehmer (einschließlich der Einweisung neuer Mitarbeiter) und Fehlzeiten oder Präsentismus entstehen.

Es ist daher von großer Bedeutung, dass Arbeitgeber auf die Problematik hingewiesen werden und ihnen Unterstützung und Hilfestellung bei der Prävention von und im Umgang mit MSE angeboten wird.

 

Umsetzung in Österreich

Genau daran setzt die zweijährige EU-weite Kampagne „Gesunde Arbeitsplätz – entlasten Dich“ an, die von der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) initiiert und bei deren Umsetzung in Österreich das Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend von Sozialpartnern, Sozialversicherungsträgern, Experten sowie Unternehmen unterstützt wird. Ziel ist, die Krankheitszahlen deutlich zu senken. Und wie die Erfahrung zeigt, können oft schon mit einfachen Maßnahmen wesentliche Verbesserungen erzielt werden.

Als engagierter Partner setzt Österreich im Rahmen der Kampagne zahlreiche Aktivitäten zur aktiven Bekämpfung von MSE um, wie die nationale Kampagnenmanagerin Mag. Martina Häckel-Bucher betont: „Muskel-Skelett-Erkrankungen sind das am häufigsten vorkommende arbeitsbedingte Gesundheitsproblem in Europa, von dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sämtlicher Arbeitsplätze und quer durch alle Branchen betroffen sind. Ich wünsche mir, dass es uns in den nächsten zwei Jahren im Rahmen der neuen EU-Kampagne `Gesunde Arbeitsplätze – entlasten Dich!` gelingen wird, wichtige Impulse, Initiativen und Aktivitäten zur Reduktion von arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen zu setzen und Unternehmen zu motivieren, sich mit der Thematik eingehend auseinanderzusetzten und sich an der Kampagne zu beteiligen.“

In einem ersten Schritt muss das Bewusstsein für Muskel-Skelett-Erkrankungen geschärft und die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gestärkt werden. So plant die Arbeitsinspektion für 2021 beispielsweise eine Beratungsoffensive zum Thema Prävention von Muskel-Skelett-Erkrankungen. Einen weiteren speziellen Schwerpunkt legt die Arbeitsinspektion auf die besonders vulnerable Gruppe der Jugendlichen und jungen Arbeitnehmer. Auch die Sozialpartnerorganisationen planen vielfältige Initiativen zu diesem Thema.

 

AUVA als Präventionspartner für Betriebe

Verlässlicher Partner der Unternehmen im Bereich der Prävention ist auch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA). „Expertinnen und Experten beraten Betriebe kostenlos zur ergonomischen Gestaltung von Arbeit, wie beispielsweise zur richtigen Lastenhandhabung und zur optimalen Einstellung von Bildschirmarbeitsplätzen. Darüber hinaus bietet die AUVA diverse Informationsmaterialien, Schulungen, Veranstaltungen etc. zum Thema Prävention arbeitsbedingter MSE und physischer Belastungen. Mit jedem vermiedenen Schadensfall vermeiden wir körperliches sowie seelisches Leid und verringern zusätzlich die finanzielle Belastung für Unternehmen, Gesundheitswesen und die Volkswirtschaft. So trägt auch die EU-Initiative `Gesunde Arbeitsplätze – entlasten Dich` dazu bei, das Thema Gesundheit am Arbeitsplatz als Ganzes – und den Schutz arbeitstechnisch stark betroffener Körperregionen im Besonderen – noch stärker zu fokussieren und voranzutreiben“, betont DI Georg Effenberger, Leiter der AUVA-Präventionsabteilung.

 

Good Practice Award

Zahlreiche Unternehmen in Österreich haben bereits erfolgreich Maßnahmen zur Prävention von MSE gesetzt. So arbeitet der burgenländische Büromöbelhersteller Neudoerfler beispielsweise seit vielen Jahren an Lösungen, um Arbeitsplätze so gesund wie möglich zu gestalten. Im Rahmen des Europäischen Wettbewerbs für gute praktische Lösungen, der Bestandteil jeder EU-OSHA-Kampagne ist, können Unternehmen ihre Beispiele für die aktive Vorbeugung und Bekämpfung von MSE am Arbeitsplatz für den Good Practice Award einreichen.

 

Quellen: Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend, www.bmafj.gv.at; EU-OSHA, www.healthy-workplaces.eu/de

Lesen Sie mehr in der M.A.S. 4/20 auf den Seiten 4 bis 5. Fotocredit: (C)iStockphoto.com/4×6

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