In der April-Ausgabe der M.A.S. standen der Gehörschutz und die neuen Vorschriften der EN 352 im Mittelpunkt, dieses Mal widmen wir uns im PSA-Schwerpunkt dem Thema „Digitalisierung“. Wir beleuchten auf den nachfolgenden Seiten die Chancen und Risiken, die sich durch den Einsatz digitaler Technologien für Arbeitsplätze ergeben können. Zudem gehen wir der Frage nach, wie trotz fortschreitender Digitalisierung sicheres und gesundes Arbeiten möglich ist und welche Ansätze sich zur Prävention von dadurch entstehenden Risiken und Gefahren eignen.

Immer mehr digitale Technologien finden Eingang in unsere Arbeitswelt und verändern wie, wo und wann wir arbeiten. Die Digitalisierung bietet zum einen große Chancen und kann unsere Arbeit wesentlich unterstützen, zum anderen stellt sie den Arbeitsschutz aber auch vor neue Herausforderungen. Es braucht neue, geeignete Ansätze, um unter diesen veränderten Rahmenbedingungen weiterhin sicher und gesund arbeiten zu können.

Arbeitswelt im Umbruch

Der Einsatz neuer Technologien betrifft die Gesellschaft insgesamt und alle Bereiche der Wirtschaft. Immer mehr Betriebe setzen auf digitale Technologien, wie beispielsweise virtuelle Assistenz, Mitarbeiter-Apps, digitales Personalmanagement oder Automatisierungslösungen, um die Produktivität zu steigern. Die Zunahme beim Einsatz digitaler Technologien am Arbeitsplatz bestätigen aktuelle Unternehmenserhebungen, wie z.B. die „OSH-Pulse-Befragung 2022“ der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA). Der zufolge nutzen bereits 73% der Befragten Laptops, Tablets, Smartphones oder andere mobile Endgeräte, verwenden 60 % PCs an festen Arbeitsplätzen, nutzen 11 % tragbare Geräte wie Datenbrillen, Aktivitätstracker oder andere Sensoren sowie 3 % Robotik.

Chancen durch Digitalisierung

Die Chancen, die sich durch den Einsatz digitaler Technologien – auch zur Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz – bieten, sind vielfältig:

  • Arbeitsintensive bzw. gefährliche Tätigkeiten können durch Automatisierung mit Unterstützung von Robotik und KI künftig von Maschinen übernommen werden.
  • Digitale Technologien ermöglichen auch eine bessere Kontrolle von Tätigkeiten und damit ein schnelleres Ergreifen von Maßnahmen zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.
  • Mithilfe von intelligenter Sicherheitstechnik, digitalen Qualifikationshilfen, virtuellem Engineering, Wearables u.v.m. kann dazu beigetragen werden, das Arbeiten künftig sicherer, flexibler und integrativer zu gestalten.
  • Benachteiligten Arbeitskräften, wie Menschen mit Behinderung, wird z.B. durch den Einsatz von Technologien zur körperlichen Entlastung der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert.
  • Die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten, eröffnet Chancen zur besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Familie und bietet Flexibilität und Autonomie.

Risiken durch Digitalisierung

Auf der anderen Seite dürfen die damit einhergehenden Risken und Herausforderungen nicht unterschätzt werden. Dazu zählen u.a.:

  • Digitale Technologien können zu digitaler Überwachung, zu einem Verlust der Autonomie und Kontrolle über die eigene Arbeit sowie zur Intensivierung von Arbeit und Druck führen.
  • Die Fragmentierung von routinemäßig auszuführenden, sehr einfachen Aufgaben bringt eine Verengung des Arbeitsinhalts und Dequalifizierung mit sich.
  • Neue digitale Fertigungstechniken und Arbeitsmethoden können neue Gefahrenquellen für Arbeitsunfälle oder zusätzliche Schadstoffbelastungen mit sich bringen.
  • Zunehmende Bewegungsarmut, einseitige körperliche und/oder mentale Belastungen stellen ebenfalls Risiken der Digitalisierung dar.
  • Immer mehr virtuelle Interaktion hat unter Umständen die Isolierung der Beschäftigten zur Folge. Der so wichtige Austausch und die Unterstützung durch Arbeitskollegen entfallen.
  • Durch die Digitalisierung verwischen sich zunehmend die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben, es steigt der Druck rund um die Uhr verfügbar zu sein.
  • Für alle nun neu entstehenden Formen der Arbeit, wie beispielsweise Crowd- und Clickworking, braucht es auch spezielle Ansätze der Prävention.

Trotzdem sicher und gesund arbeiten

Wie es nun gelingen kann, in Zeiten der Digitalisierung dennoch sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu schaffen, damit beschäftigt sich unter anderem die zweijährige Kampagne „Sicher und gesund arbeiten in Zeiten der Digitalisierung“ der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA). Die Kampagne hat mehrere Ziele: Zum einen soll das Bewusstsein für Chancen und Risiken in Zusammenhang mit dem Einsatz digitaler Technologien bei der Arbeit geschärft werden – um in Folge neue Gefahren frühzeitig zu erkennen und geeignete Präventionsmaßnahmen zu setzen. Zum anderen sollen aber auch die vielfältigen, neuen Möglichkeiten, die sich durch Digitalisierung erschließen, dazu genutzt werden, die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit weiter zu verbessern. Die Kampagne steht zudem im Einklang mit dem „Vision-Zero-Ansatz“ der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (IVSS) und den Zielen der europäischen Digitalstrategie.

Ansätze zur Prävention von Risiken durch Digitalisierung

Wie bei anderen Risiken die Sicherheit und Gesundheit in der Arbeitswelt betreffend, können auch für die Prävention von Risiken im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung verschiedene geeignete Ansätze zur Anwendung kommen. Zur Prävention von Risiken eignen sich vor allem Ansätze, bei denen der Mensch im Mittelpunkt steht und die Gesamtkontrolle behält sowie Ansätze, die einen gleichberechtigten Zugang zu Informationen für alle Beteiligten und Transparenz bezüglich der Funktionsweise sowie der Vor- und Nachteile eines digitalen Tools gewährleisten. Die Förderung eines ganzheitlichen Ansatzes bei der Bewertung digitaler Technologien durch Einbeziehung unterschiedlicher Interessenvertreter begünstigt die Entstehung einer langfristig geeigneten betrieblichen Präventionskultur.

Mitbestimmung und Arbeitsplatzevaluierung

Generell gilt es bei der Einführung neuer digitaler Technologien immer zu bedenken: Nur wenn bei deren Gestaltung, Umsetzung und Handhabung der Mensch weiterhin im Mittelpunkt steht, dann wird auch künftig sicheres und gesundes Arbeiten möglich sein. Egal welche Technologien oder Systeme zum Einsatz kommen, die Arbeit muss auch weiterhin menschengerecht gestaltet sein. Bereits vor Einführung digitaler Technologien sollten daher die Beschäftigten eines Betriebes in die Entscheidung miteingebunden werden – schließlich sind sie es, die damit künftig arbeiten werden.

Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang einer entsprechenden Arbeitsplatzevaluierung zu, die eventuelle körperliche oder psychische Auswirkungen von Digitalisierungsmaßnahmen untersucht, mögliche Gefahren rechtzeitig erkennt und entsprechende Schutzmaßnahmen umsetzt. Alle mit dem Thema Arbeitsschutz befassten Personen, wie z.B. Sicherheitsvertrauenspersonen, sind in diesen Prozess miteinzubeziehen. Dies gilt ebenso für die darauffolgende Unterweisung und Einschulung. Gerade durch den stetigen Wandel von neuen Technologien sind die laufende Weiterbildung und Qualifizierung der Beschäftigten eine weitere wichtige Voraussetzung für sicheres und gesundes Arbeiten.

Konkrete Umsetzung in der Praxis

Welche Chancen und Risiken mit der Einführung neuer digitaler Technologien verbunden sind und worauf bei deren Einführung in der betrieblichen Praxis zu achten ist, das arbeitet die aktuelle EU-OSHA-Kampagne in ihrem 52-seitigen Leitfaden VERLINKEN MIT https://healthy-workplaces.osha.europa.eu/de/publications/campaign-guide-safe-and-healthy-work-digital-age-0 am Beispiel von folgenden fünf Schwerpunktbereichen heraus:

  • Arbeit auf digitalen Plattformen
  • Automatisierung von Aufgaben
  • Mobiles und hybrides Arbeiten
  • Personalmanagement mithilfe künstlicher Intelligenz (KI)
  • Intelligente digitale Systeme

Für jeden dieser Schwerpunkte werden konkrete Fallstudien sowie unterstützende Materialien, wie Berichte, Infoblätter und Grafiken, bereitgestellt, die bei der Einführung digitaler Technologien Tipps und Hilfestellung geben.

Quellen: https://healthy-workplaces.osha.europa.eu/de/publications/campaign-guide-safe-and-healthy-work-digital-age-0; https://osha.europa.eu/de/facts-and-figures/osh-pulse-occupational-safety-and-health-post-pandemic-workplaces; https://www.dguv.de/ifa/fachinfos/arbeiten-4-0/index.jsp

ZUM WEITERLESEN:

  • Die aktuelle Ausgabe 2/2024 des Magazins Gesunde Arbeit mit dem Titel „Digitale Arbeit sicher und gesund gestalten“ behandelt das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln. Kostenloser Download hier.
  • Das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) stellt auf ihrer Homepage umfassende Fachinfos zum Thema „Arbeiten 4.0: Neue Herausforderungen für die Prävention“ bereit. Die Inhalte umfassen u.a.: Industrie 4.0, Lebenslanges Lernen, Neue Formen der Arbeit, Neue Technologien und Materialien, Trendsuche. Lesen Sie hier mehr.
  • Im DGUV Forum 11/2023 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) stehen u.a. folgende Inhalte im Fokus: Digitalkompetenzen für die Arbeitswelt der Zukunft; KI im Unternehmen – Herausforderungen an die betriebliche Gestaltung moderner Arbeit; Prozessautomatisierung – was, wie und wofür? Lesen Sie hier mehr.
  • Alle Informationen und Publikationen zur aktuellen EU-OSHA-Kampagne „Sicher und gesund arbeiten in Zeiten der Digitalisierung“ finden Sie hier.

In der nächsten Ausgabe der MASnews widmen wir uns im PSA-Schwerpunkt dem Thema „Warnschutz“.

Fotocredit: (C) Kristian/stock.adobe.com

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